Invasive Arten

Der Mais und seine neuen Feinde

17.07.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) stammt aus den USA, gelangte wahrscheinlich mit Schiffen oder über andere Warentransportwege nach Südosteuropa und wanderte dann von Süd- bis nach Norddeutschland. Nun ist er hier

Der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) stammt aus den USA, gelangte wahrscheinlich mit Schiffen oder über andere Warentransportwege nach Südosteuropa und wanderte dann von Süd- bis nach Norddeutschland. Nun ist er hier "heimisch". (Bildquelle: © Siga, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 4.0)

Mit dem Klimawandel breiten sich wärmeliebende Schadinsekten in Deutschland aus. Auch der Maisanbau ist davon betroffen: Wurzelbohrer, Kapselwurm, Japankäfer, Heerwurm oder Reiswanze sind bei weiter steigenden Temperaturen eine zunehmende Bedrohung für diese Kulturpflanze. Brisant: In diesem Monat wurde erstmals eine Kolonie von Japankäfern an der schweizerischen Grenze bei Basel entdeckt.

Sie kommen aus Nordamerika, Afrika oder Asien und sind dort bereits gefürchtete Pflanzenschädlinge. Nun öffnet sich diesen Tieren mit dem Klimawandel sprichwörtlich auch das Tor nach Europa und Deutschland – zum Leidwesen der Landwirtschaft. Neue Insektenschädlinge machen sich auf dem Weg zu uns oder sind schon längst angekommen. Als blinde Passagiere auf Schiffen, per Luftfracht in Obst- und Gemüsekisten oder als „Mitfahrer“ in den Frachträumen von LKWs. Wenn auch noch die Winter immer milder werden, können diese Tiere bei uns überwintern und sich dauerhaft ansiedeln.

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Die Larven des Maiswurzelbohrers schädigen massiv die Maiswurzeln.

Die Larven des Maiswurzelbohrers schädigen massiv die Maiswurzeln.

Bildquelle: © Scott Bauer / USDA Agricultural Research Service, USA, CC-BY-3.0

Bereits in der Wohlfühlzone: Der Maiswurzelbohrer

Der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) ist ein bedeutender Schädling im Maisanbau, auch bereits in Deutschland. Er stammt ursprünglich aus Nordamerika und hat sich seit den 1990er Jahren auch in Europa verbreitet. In Deutschland wurde er erstmals 2007 in Baden-Württemberg nachgewiesen. Seitdem hat er sich in mehreren Bundesländern verbreitet, darunter Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Zurzeit breitet er sich weiter Richtung Norddeutschland und in die Höhenlagen aus. Seine Larven fressen sich in die Wurzeln der Maispflanzen und führen so zu einer Unterversorgung mit Wasser und Nährstoffen. Dies führt zu vermindertem Wachstum, verminderter Standfestigkeit und erhöhtem Risiko für Wind- und Wetterschäden. In Extremfällen liegen die Ertragsverluste bei einem Befall bei bis zu 80 Prozent, im Durchschnitt zwischen 10 und 50 Prozent.

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Der Baumwollkapselwurm (Helicoverpa armigera).

Der Baumwollkapselwurm (Helicoverpa armigera).

Bildquelle: © Gyorgy Csoka / Hungary Forest Research Institute, Bugwood.org, CC BY 3.0 us

Baumwollkapselwurm: Auf dem Sprung über die Alpen?

Dieser Kandidat kommt aus Afrika und hat bereits Ungarn als neue Heimat in Europa erobert: der Baumwollkapselwurm (Helicoverpa armigera), die Raupe eines Nachtfalters. Noch tritt er nur vereinzelt in Deutschland auf und hat keine dauerhafte Population gebildet. In Süddeutschland schädigte die invasive Art im Jahr 2003 Mais teils stark nach massivem Zuflug aus Ungarn. Es wird befürchtet, dass diese Tiere eines Tages über die Alpenregion auch zu uns dauerhaft einwandern und stabile Populationen bilden können. Schäden verursachen die Larven durch Blattfraß. Die Gewebeverletzungen sind dann zusätzlich Eintrittspforten für Pilz- und bakterielle Erreger. Übrigens: Mais steht nicht alleine auf der Speisekarte dieser Schadinsekten. Auch Kartoffeln, Raps, Bohnen, Kohl oder Salat sind begehrte Ziele bei der Nahrungssuche.

Grüne Reiswanze: Potential als Maisschädling vorhanden

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Eine Grüne Reiswanze (Nezara viridula).

Eine Grüne Reiswanze (Nezara viridula).

Bildquelle: © Didier Descouens, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Auch diesen Schädling muss man im Auge behalten. Die Grüne Reiswanze (Nezara viridula), auch bekannt als Südliche Grüne Stinkwanze, stammt ursprünglich aus äquatorial tropischen Gebieten in Afrika und Südasien. Im Laufe der Zeit hat sich die Grüne Reiswanze weltweit verbreitet und ist heute in vielen tropischen und subtropischen Regionen der Welt anzutreffen.

Die Grüne Reiswanze ist polyphag, das heißt, sie ernährt sich von einer Vielzahl von Pflanzenarten. Sie befällt sowohl Nutzpflanzen wie Reis, Baumwolle, Sojabohnen, Tomaten und Mais als auch verschiedene Obst- und Gemüsearten. Ihre hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Umweltbedingungen und Nahrungsquellen trägt zu ihrer erfolgreichen Verbreitung bei.

Auch bei uns ist sie angekommen. So kommen diese Tiere entlang des Rheingrabens bereits flächendeckend vor, auch einige Populationen in Norddeutschland sind bekannt. Auch hier gilt: Wenn die Winter milder werden, wächst die Gefahr für die Landwirtschaft.

Heerwurm: Bisher nur ein „Urlauber“ bei uns

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Ein Heerwurm (Spodoptera frugiperda). Er zählt zur Familie der Eulenfalter.

Ein Heerwurm (Spodoptera frugiperda). Er zählt zur Familie der Eulenfalter.

Bildquelle: © Frank Peairs, Colorado State University, Bugwood.org / Wikipedia, CC BY 3.0 us

Der Heerwurm (Spodoptera frugiperda), ein Eulenfalter, gehört zu den bedeutendsten Maisschädlingen in Afrika und tritt vereinzelt auch im Mittelmeerraum auf. Aber er kann als Schmetterling über größere Distanzen fliegen und so gelangen bisweilen im Sommer auch Tiere zu uns. Er bevorzugt als Nahrung Süßgräser wie Mais, Hirse oder Reis.

Larven können schon bei Keimlingen und jungen Pflanzen Schäden verursachen. Sie fressen an den Blättern und dem Meristem (Wachstumspunkt), was zum Absterben der Pflanzen oder zu verkrüppeltem Wachstum führen kann. In späteren Entwicklungsstadien fressen die Larven auch an den Stängeln und Kolben, was zu erheblichen Ertragsverlusten führt.

Bei starkem Befall in warmen Regionen können die Ertragsverluste erheblich sein. Studien zeigen, dass die Verluste bei Mais zwischen 20% und 50% liegen können, in extremen Fällen sogar bis zu 100%.

Aber bislang müssen wir uns noch nicht große Sorgen machen. Eine dauerhafte Ansiedlung in Mitteleuropa ist unwahrscheinlich, solange wir regelmäßig Winterfrost bekommen. Die Tiere stellen ihre Entwicklung bei unter 10 Grad Celsius ein.

Japankäfer: Per Anhalter nach Europa

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Typischer Skelettierfraß des Japankäfers (Popillia japonica).

Typischer Skelettierfraß des Japankäfers (Popillia japonica).

Bildquelle: © Max Wahrhaftig, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Der Japankäfer (Popillia japonica) aus der Familie der Blatthornkäfer steht wegen seines Schadpotenzials in Deutschland bereits auf der Fahndungsliste als bekämpfungs- und meldepflichtiger Quarantäneschädling. Er stammt aus Asien und gelangte durch Pflanzenhandel und Verkehrsmittel mittlerweile bis nach Südeuropa. Die Tiere können mehr als 300 Pflanzenarten schädigen – darunter Mais, Wein, Obstbäume und Rosen - und finden auch in europäischen Ländern gute Vermehrungsbedingungen, u.a. weil natürliche Gegenspieler fehlen. Wenn der Käfer Blätter frisst, bleiben nach kurzer Zeit nur noch die Blattadern zurück. Erstmalig im Jahr 2023 wurde eine Population nördlich der Alpen in Zürich nachgewiesen. Dieses Jahr im Juli gab es dann weitere Populationsfunde um Basel und damit in direkter Nähe zur deutschen Grenze. Auch die Bevölkerung wurde aufgerufen, verdächtige Käferfunde an die Pflanzenschutzdienste zu melden.

Was hilft gegen die Invasoren?

Um die mit Fortschreiten des Klimawandels stärker auftretenden Pflanzenschädlinge nachhaltig und möglichst mit minimalem Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln zu bekämpfen, gibt es zunächst eine Reihe von konventionellen Maßnahmen, die ohnehin befolgt werden sollten.

Dazu gehört beispielsweise die Integrierte Schädlingsbekämpfung. Diese Methode kombiniert biologische, kulturelle, mechanische und chemische Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung. Ziel ist es, Schädlinge auf einem akzeptablen Niveau zu halten, indem natürliche Feinde von Schädlingen wie bestimmte Insekten, Nematoden oder Pilze gefördert bzw. als biologisches Bekämpfungsmittel ausgebracht und chemische Eingriffe dabei minimiert werden.

Auch eine Änderung der Anbautechniken wie Fruchtfolge, Mischkulturen und verbesserte Bodenbearbeitung können helfen, Schädlingspopulationen zu reduzieren. Durch die Erhöhung der Biodiversität auf den Feldern und in den umliegenden Landschaften kann das ökologische Gleichgewicht zusätzlich gefördert werden, was wiederum die Widerstandsfähigkeit der Kulturen gegen Schädlinge stärkt. Doch das alleine wird das Problem nicht lösen.

Mit RNA gegen Schadinsekten

Zurzeit werden auch völlig neuartige Bekämpfungsmethoden entwickelt. Dazu gehört die sogenannte RNA-Interferenz oder kurz RNAi. Ursprünglich ist RNAi bei vielen Organismen ein natürlicher Abwehrmechanismus gegen eindringende Viren. Bei diesem neuartigen Verfahren, das sich schon bei zahlreichen Tests bewährt hat, werden die Pflanzen mit einem RNA-Spray statt mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Das Spray wirkt gegen Pflanzenviren, Pilzerreger oder Schadinsekten, ganz nach dem Design der eingesetzten synthetischen RNA-Moleküle.

Vereinfacht ausgedrückt bewirkt das RNA-Spray das Abschalten bestimmter lebensnotwendiger Gene von Schädlingen oder Krankheitserregern. Im Vergleich zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln bietet der RNA basierende Ansatz drei wesentliche Vorteile:

  • Die Wirkung der RNA gegen die Schadinsekten und Pathogene ist sehr spezifisch, andere Organismen werden nicht geschädigt.
  • Die RNA wird sehr schnell abgebaut und reichert sich nicht in der Umwelt oder in Lebensmitteln an.·
  • Es ist praktisch auch unmöglich, dass Schädlinge und Krankheitserreger Resistenzen gegen diese Art der Kontrolle entwickeln.

Diese Methode stellt somit eine umweltfreundliche und effiziente Alternative zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln dar und könnte bald zur nachhaltigen Sicherung der Nahrungsmittelproduktion beitragen.

Beispiele für solche Forschungsprojekte gibt es bereits: