Versuch mit gv-Weizen endgültig zerstört

Ziel Pilzresistenz: Interessant, aber schwierig

(14.04.03/04.05.04) Das Versuchsfeld mit gentechnisch verändertem Weizen in der Nähe von Bernburg (Sachsen-Anhalt) ist erneut zerstört worden. Der nun endgültig abgesagte Versuch sollte zeigen, ob seine neue, gentechnisch vermittelte Eigenschaft auch unter Praxisbedingungen wirksam ist: eine Resistenz gegen Befall mit schädlichen Fusarien-Pilzen. Bei vielen Kulturarten sind Pilze ein Problem, das mit herkömmlichen Mitteln nur unzureichend zu bekämpfen ist. Vor allem bei Weizen, Wein oder Kartoffeln könnte die Gentechnik neue Optionen eröffnen. Doch bis zu marktreifen pilzresistenten Sorten ist es noch ein langer Weg.

Pilzkrankheit bei Weizen. Links normale Weizenkörner, rechts Schmachtkörner als Folge des Fusarienbefalls.
(Foto: Bayer. Landesanstalt f. Bodenkultur und Pflanzenbau, München)

Weizen ist fast ausschließlich Selbstbefruchter. Auskreuzungen auf andere Pflanzen sind sehr selten. Sollte GVO-Weizen angebaut werden, sind Einkreuzungen und Beimischungen geringer als etwa bei Raps oder Mais.

Apfelbäume: Plizkrankheiten wie Apfelschorf und -mehltau sind ein Problem. Versuche mit neuen Konzepten wurden Ende 2003 abgesagt.

Junge gentechnisch veränderte Reben im Gewächshaus Die gentechnisch veränderten Reben produzieren Enzyme, die die Zellwände von Pilzen angreifen. Auf diese Weise sollen sich die Pflanzen besser vor Pilzerkrankungen wie etwa dem weit verbreitete

Weinreben: Bisher wird gegen Pilzbefall gespritzt: chemische Fungizide oder Schwermetallpräparate im ökologischen Weinbau. Die Züchtung pilzresistenter Reben ist schwierig.

Kartoffeln. Der Erreger der Kraut- und Knollenfäule, der Pilz Phytophthora infestans ist sehr anpassungsfähig. Oft ist er den Bekämpfungsstrategien der Landwirte und Züchter einen Schritt voraus.

Am 1. April 2004 hatte das Robert-Koch-Institut die beiden in Sachsen-Anhalt vorgesehenen Freisetzungsversuche genehmigt. Wenige Tage zuvor hatten Greenpeace-Aktivisten mit Gleitfliegern Öko-Weizen auf den Feldern ausgebracht, um damit eine sinnvolle Auswertung der Versuche zu verhindern. Schon im Vorjahr waren die in Thüringen geplanten Versuche mit dem pilzresistenten Weizen nach ähnlichen Aktionen abgesagt worden.

Nach Angaben des Agrar-Unternehmens Syngenta, das den pilzresistenten Weizen entwickelt und bereits in mehreren Ländern getestet hatte, konnte jedoch ein Versuchsfeld für die Aussaat wieder hergerichtet werden. In der Nacht zum 4. Mai drangen Unbekannte auf das Gelände vor und rissen die jungen Weizenpflanzen aus dem Boden.

Auch in diesem Jahr hatten Kritiker moniert, dass Syngenta gegenüber der Öffentlichkeit keine näheren Angaben über Art und Herkunft der Gene gemacht hatte, mit denen die Resistenz gegen Fusarien-Pilze erreicht worden war. Während Syngenta sich auf wirtschaftliche Interessen berief, argumentierten die Kritiker, dass ohne genauere Informationen die Sicherheit des gv-Weizens nicht nachzuvollziehen sei.

Dem Robert-Koch-Institut lagen dagegen alle für eine Sicherheitsbewertung notwendigen Informationen und Unterlagen vor. Wie schon im Vorjahr sah die Behörde keinen Grund, die Genehmigung der beiden auf insgesamt 850 qm geplanten Versuche zu versagen.

Resistenzen gegen Pilze: Herausforderung für die Pflanzen-Gentechnik

Frühestens 2010 sollte der pilzresistente Weizen auf den Markt kommen. Wenn sich dieser Zeitpunkt nun noch weiter hinauszögert, liegt das nicht allein an den Aktionen der Kritiker-Gruppen und den Vorbehalten der Verbraucher gegenüber Mehl aus transgenem Weizen. Gemessen an Resistenzen gegen Herbizide oder Insekten, die in viele transgene Pflanzen übertragen wurden, sind Resistenzen gegen schädlichen Pilzbefall mit molekularbiologischen Methoden nur schwer zu realisieren. Zwar sind verschiedene Ansätze bekannt, doch bisher befinden sich transgene Pflanzen mit gentechnisch vermittelter Pilzresistenz noch in der Entwicklung und sind meist weit von einer kommerziellen Anwendung entfernt.

Dabei sind Pflanzen, die dem Befall krankheitsauslösender Pilze widerstehen, ein interessantes, lohnendes Ziel für die Züchtung - nicht nur wegen der Schäden und Ertragseinbussen, sondern auch, weil konventionelle Bekämpfungsmethoden zumeist ihre Schwächen haben.

Weizen: Erst die Pilze, dann Mykotoxine

Von Fusarien-Pilzen befallene Weizenpflanzen produzieren in ihren Ähren kleine Kümmerkörner. Zudem können einige Fusarien-Arten verschiedene Pilzgifte (Mykotoxine) bilden. Bei der Weiterverarbeitung des Getreides gelangen diese in die Nahrung. Je nach Art und Menge können Mykotoxine zu chronischen und akuten Vergiftungserscheinungen führen.

In der Regel können Fusarien durch die Wahl weniger anfälliger Sorten, geeignete Anbaumaßnahmen und chemische Fungizide eingedämmt und die Mykotoxinbelastung reduziert werden. Bei starkem Befall, vor allem bei feucht-warmem Wetter, bieten diese Maßnahmen jedoch nur einen unzureichenden Schutz. Inzwischen gibt es einige neue Ansätze, pilzresistente Pflanzen zu erzeugen. Sie nutzen molekulargenetische Methoden und Erkenntnisse.

  • In dem von Syngenta entwickelten Weizen ist ein neues, aus bestimmten Fusarien stammendes Gen wirksam, das für eine „Entgiftung“ der Mykotoxine sorgen soll.
  • In Pflanzen übertragen werden auch bestimmte Bakterien-Gene, die zur Produktion von Substanzen wie Chitinase oder Glukanase führen, welche die Zellwände von Pilzen zersetzen. Dieser Ansatz wird etwa bei den pilzresistenten Weinreben erprobt, die seit 1999 in Franken und in der Pfalz freigesetzt werden.
  • Ein anderes Konzept nutzt einen natürlichen Abwehrmechanismus, mit dem sich befallene Pflanzen selbst schützen und eine Ausbreitung der Pilzinfektion verhindern („hypersensitive Reaktion“). Dieser Weg wurde bei Kartoffeln beschritten, um sie weniger anfällig gegen den Erreger der berüchtigten Kraut- und Knollenfäule ([[L:7|Phytophthora infestans]]) zu machen.

Ob diese neuen Konzepte tatsächlich wirksam und die damit erzeugten Pflanzen sicher für Mensch und Umwelt sein werden, ist derzeit noch nicht erwiesen. Wer diese Fragen beantworten will, kann auf Freisetzungsversuche kaum verzichten.