Der Japankäfer ist da!

Kann der gefräßige Pflanzenschädling noch gestoppt werden?

09.09.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Japankäfer (Popillia japonica) ist eine invasive Art und bedroht die Land- und Forstwirtschaft. (Bildquelle: © Holger Krisp, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY 4.0)

Der Japankäfer (Popillia japonica) ist eine invasive Art und bedroht die Land- und Forstwirtschaft. (Bildquelle: © Holger Krisp, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY 4.0)

Der Japankäfer, eine invasive und äußerst schädliche Art, hat Deutschland erreicht. Immense Schäden in der Forst- und Landwirtschaft drohen. Behörden und Wissenschaft versuchen händeringend, die weitere Ausbreitung zu unterbinden. Neben Quarantänemaßnahmen könnten natürliche Feinde den Schädling eindämmen. Aber auch diese Methode ist nicht ohne Risiko.

Der Japankäfer (Popillia japonica) ist ursprünglich in Asien beheimatet. Als blinder Passagier im internationalen Pflanzen- und Agrarhandel kam er mit LKW, Schiff oder Flugzeug nach Europa. Auch Touristen könnten ihn mit Pflanzensouvenirs eingeschleppt haben. Der äußerst anpassungsfähige Schädling kann über 300 unterschiedliche Pflanzenarten befallen – dazu zählen auch Nutzpflanzen wie Weinreben, Obstbäume, Soja und Mais. Frisst der Käfer die Blätter, bleiben schnell nur mehr die Blattadern übrig. Durch steigende Temperaturen und mildere Winter - also durch den Klimawandel - findet der Japankäfer mittlerweile nicht nur in Südeuropa, sondern auch nördlich der Alpen ideale Lebensbedingungen vor.

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Klein aber oho: Der Japankäfer ernährt sich von über 300 Pflanzenarten wie Obstbäume, Weinreben, Mais oder Soja.

Klein aber oho: Der Japankäfer ernährt sich von über 300 Pflanzenarten wie Obstbäume, Weinreben, Mais oder Soja.

Bildquelle: © Amos Oliver Doyle, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY 4.0

Erst die USA, dann Italien und die Schweiz, jetzt Deutschland?

Anfang des 20 Jahrhunderts gelangte der Käfer von Japan in die USA und breitete sich bis nach Kanada aus. Alleine in den USA verursacht er jährlich Schäden von mehreren 100 Millionen Euro. 2014, mit einem Zwischenstopp auf den Azoren dann der Sprung nach Norditalien. Dort ist der Käfer bereits eine extreme Plage für Winzer und Obstbauern. Doch auch die Alpen waren kein Hindernis für den Schädling. Erste Käferpopulationen gibt es seit 2020 in der Schweiz. Im Kanton Zürich und – ganz nah an der deutschen Grenze – in Basel ist er im Jahr 2022 angekommen

Nun häufen sich auch vereinzelte Käferfunde auf deutschem Staatsgebiet. In Baden-Württemberg (Landkreis Ludwigsburg und Freiburg) und im bayerischen Landkreis Lindau wurden in Lockfallen Käfer gefangen. Wahrscheinlich handelt es sich nur um einzelne Tiere, die z.B. mit Blumenerde den Weg nach Deutschland fanden. Erst wenn ein eingewandertes Käferweibchen schon befruchtet war und Eier legt oder sich ein Käferpärchen findet, kann es zu einer massenhaften Vermehrung und damit zum Aufbau einer stabilen Käferpopulation in einer Region kommen. Dann wird es gefährlich. Erfahrungen aus Italien zeigen, dass sich dann die Insekten bis zu 10 km pro Jahr natürlich ausbreiten können.

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Typisches Schadbild des Japankäfers ist der Skelletierfraß an Blättern der Wirtspflanzen.

Typisches Schadbild des Japankäfers ist der Skelletierfraß an Blättern der Wirtspflanzen.

Bildquelle: © S. Katovich / Bugwood.org

Lässt sich die Invasion noch verhindern?

Da sind die meisten Expert:innen skeptisch. Ausrotten wird man diese Käferart in Europa wohl nicht mehr können, zumal er keine natürlichen Feinde hat und die klimatischen Bedingungen bei uns mittlerweile gut für diesen Käfer sind. Der Schädling wird daher über kurz oder lang auch in Deutschland heimisch werden. Ziel sollte aber sein, die massenhafte Vermehrung und damit allzu große Schäden in der Land- und Forstwirtschaft zu verhindern.

Quarantäne-Zonen und verstärktes Monitoring

Um genügend Zeit zu gewinnen, haben die zuständigen Behörden Quarantänemaßnahmen angeordnet und das Monitoring nach diesen Käfern intensiviert. Rund einen Kilometer um die Fundorte wird eine sogenannte Befallszone gekennzeichnet. Im Umkreis von weiteren fünf Kilometern gibt es eine Pufferzone. Aus diesen Zonen darf jetzt Grünmaterial und Erde nur noch unter strengen Auflagen in andere Gebiete transportiert werden, um eine Verschleppung des Käfers zu verhindern.

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Der Japankäfer ist etwa so groß wie eine Kaffeebohne. Sein Rücken ist auffällig metallisch grün, mit kupferfarbenen Flügeldecken. Charakteristisch sind vor allem kleine weiße Haarbüschel: fünf auf jeder Körperseite, zwei am Hinterleib.

Der Japankäfer ist etwa so groß wie eine Kaffeebohne. Sein Rücken ist auffällig metallisch grün, mit kupferfarbenen Flügeldecken. Charakteristisch sind vor allem kleine weiße Haarbüschel: fünf auf jeder Körperseite, zwei am Hinterleib.

Bildquelle: © Joseph Berger / Bugwood.org

Zusätzlich wurden in allen Bundesländern die Suche nach den Käfern mit speziellen Lockstoff-Fallen intensiviert. Für den Käfer gilt zudem eine Meldepflicht. Auch Bürger:innen sind aufgerufen, verdächtige Käferfunde dem zuständigen Pflanzenschutzdienst in den jeweiligen Bundesland zu melden. Eine Übersicht der zuständigen Stellen samt Kontaktdaten ist online verfügbar. Falls jemand einen verdächtigen Käfer gefunden wird, sollte dieser eingefangen und in einem verschlossenen Behälter der zuständigen Behörde zur exakten Bestimmung übergeben werden. Auch bitten die Behörden, dass Reisende ihre Fahrzeuge und Gepäck vor der Rückreise aus stark befallenen Regionen (Norditalien, Südschweiz) gründlich kontrollieren. Ganz verzichten sollten Rückreisende auf Mitbringsel wie Pflanzen, Schnittblumen, Gemüse oder Früchte.

Gegenspieler ins Spiel bringen

Im Kanton Zürich hat man letztes Jahr damit begonnen, adulte Käfer mit dem chemischen Insektizid Acetamiprid (ein systemisch wirkendes Neonicotinoid) zu bekämpfen. Die noch von der Größe her überschaubare Population soll ausgerottet werden, bevor sie sich in angrenzende Regionen ausbreitet. Dazu wurden großflächig Wirtspflanzen mit dem Mittel besprüht. Zusätzlich sind Fallen mit Lockduftstoffen aufgestellt worden, die mit diesem Insektizid präpariert wurden. Auch ein Bewässerungsverbot von Rasenflächen wurde angeordnet, um den Tieren optimale Eiablageflächen zu entziehen. Dieses Jahr wurden die Maßnahmen wiederholt. Ob sie letztendlich zum Erfolg führen, bleibt offen.

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Verwechseln kann man den Japankäfer mit dem unschädlichen Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola). Auch der harmlose Rosenkäfer (Cetonia aurata) sieht ähnlich aus. Im Gegensatz zum Japankäfer fehlen bei Gartenlaub- und Rosenkäfer die weißen Haarbüschel.

Verwechseln kann man den Japankäfer mit dem unschädlichen Gartenlaubkäfer (Phyllopertha horticola). Auch der harmlose Rosenkäfer (Cetonia aurata) sieht ähnlich aus. Im Gegensatz zum Japankäfer fehlen bei Gartenlaub- und Rosenkäfer die weißen Haarbüschel.

Bildquelle: © Holger Gröschl / Wikipedia, CC BY-SA 2.0

Weil zu befürchten ist, dass sich der Käfer trotz solcher Maßnahmen weiter ausbreiten wird, denken Expert:innen über neue Pflanzenschutzkonzepte nach. Weg vom konventionellen chemischen Pflanzenschutz und hin zu nachhaltigen bzw. umweltfreundlicheren Alternativen.

Genau deshalb werden auch verschiedene biologische Bekämpfungsansätze diskutiert. Denn eine Stärke und gleichzeitig Achillesferse des Schädlings könnte sein, dass er sich vor allem deswegen gut ausbreiten kann, weil keine natürlichen Gegenspieler in Europa heimisch sind.  Daher kursiert die Idee, natürliche Feinde des Japankäfers im großen Stil als biologische Waffe einzusetzen.

Die Stadt Basel setzt beispielsweise zurzeit auf parasitische Fadenwürmer wie Heterorhabditis bacteriophora, die die Larven angreifen. In Italien und den USA werden diese Nematoden bereits mit einigem Erfolg genutzt und hauptsächlich auf Wiesen und Weiden ausgebracht. Ob diese Methode wirksam genug ist, wird sich erst in einiger Zeit zeigen.

Auch nach weiteren Gegenspielern wird gefahndet. Eine wichtige Voraussetzung: Solche Organismen dürfen nur den Schädling angreifen und keine anderen Insekten bzw. dem heimischen Ökosystem Schaden zufügen.

Dabei bietet sich zunächst an, in den Ursprungsländern des Käfers nach seinen dortigen natürlichen Feinden zu fahnden: also in Asien. Dabei wurde man schon fündig: Die Fliegenart Istocheta aldrichi stammt ursprünglich aus Ostasien, insbesondere aus Regionen wie Japan und China. Istocheta aldrichi wurde bereits in Nordamerika gezielt eingeführt, um die Population des Japankäfers biologisch zu kontrollieren.

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Video: Japankäfer & Tigermücke - Wie gefährlich sind die invasiven Insekten für die Schweiz (Hinweis: Beginn des Kapitels „Japankäfer“ ab 1:35 min).

Videoquelle: © YouTube, Einstein | © SRF

Die Fliege ist ein Parasit, die ihre Eier auf den Rücken des Japankäfers legt. Sobald die Larven der Fliege schlüpfen, dringen sie in den Körper des Käfers ein und töten ihn schließlich.

Zurzeit untersucht der Biologe Tim Haye vom schweizerischen Landwirtschaftlichen Forschungsinstitut CABI, ob diese Fliegenart als biologisches Bekämpfungsmittel in Frage kommt. Bei Experimenten hat Haye herausgefunden, dass die Fliege in der Schweiz fast keine anderen Organismen befällt. Aber eben nur fast: Zwei verwandte heimische Käferarten wären als Wirt auch denkbar. Daher muss überlegt werden, ob die künstliche Freisetzung gebietsfremder Gegenspieler wie Istocheta aldrichi nicht zusätzliche Probleme erzeugt, also auch heimische Arten in ihrem Bestand gefährdet. Auch für Deutschland müsste eine solche Risikoanalyse erst noch durchgeführt werden. Erfahrungen aus den USA lassen aber auch vermuten, dass alleine mit Istocheta aldrichi eine Invasion des Japankäfers nicht gestoppt werden kann: Dort werden nur etwa zehn Prozent der Käfer durch Fliegen getötet, so der Experte Matthias Becker vom Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig in einem Spiegel-Interview .

Daher gibt es noch weitere Ansätze, die gerade erprobt werden. Ein Beispiel sind insektenpathogene Pilze, die in der Schweiz bereits erfolgreich gegen die Larven von Mai-, Juni- und Gartenlaubkäfern eingesetzt werden. Hier laufen zurzeit Versuche, auch gegen den Japankäfer die richtigen Pilzstämme zu finden.

Ist vielleicht RNA das Erfolgsrezept gegen Japankäfer und andere invasive Arten?

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„RNA-Interferenz im modernen Pflanzenschutz“, Vortrag von Prof. Dr. Karl-Heinz Kogel, Symposium zum nicht-chemischen Pflanzenschutz im Gartenbau, 28. und 29. Mai 2019 Berlin.

Videoquelle: © YouTube, © Julius Kühn-Institut

Eine völlig neue Pflanzenschutzmethode befindet sich gerade in der frühen Entwicklung: Die RNA-Interferenz (RNAi). Ursprünglich ist RNAi bei vielen Organismen ein natürlicher Abwehrmechanismus gegen eindringende Viren. Bei diesem neuartigen Verfahren werden die Pflanzen mit einem RNA-Spray statt mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Das Spray wirkt gegen Pflanzenviren, Pilzerreger oder Schadinsekten, ganz nach dem Design der eingesetzten synthetischen RNA-Moleküle.

Vereinfacht ausgedrückt bewirkt das RNA-Spray das Abschalten bestimmter lebensnotwendiger Gene von Schädlingen oder Krankheitserregern. Im Vergleich zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln bietet der RNA basierende Ansatz drei wesentliche Vorteile:

  • Die Wirkung der RNA gegen die Pathogene ist sehr spezifisch, andere Organismen werden nicht geschädigt.
  • Die RNA wird sehr schnell abgebaut und reichert sich nicht in der Umwelt oder in Lebensmitteln an.
  • Es relativ unwahrscheinlich, dass Schädlinge und Krankheitserreger Resistenzen gegen diese Art der Kontrolle entwickeln.

Diese Methode könnte somit eine umweltfreundliche und effiziente Alternative zum chemischen Pflanzenschutz werden. Unlängst hat ein Unternehmen auch eine der bislang größten Hürden für dieses Pflanzenschutzkonzept überwunden. Die Produktion der RNA in den benötigten Mengen war bislang zu teuer, um konkurrenzfähig gegenüber herkömmlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln zu sein. Das Unternehmen konnte die Herstellungskosten für die RNA-Moleküle um mehr als den Faktor 1000 senken.


Quellen und weitere Informationen:

Zum Weiterlesen auf Pflanzenforschung.de:

Titelbild: Der Japankäfer (Popillia japonica) ist eine invasive Art und bedroht die Land- und Forstwirtschaft. (Bildquelle: © Holger Krisp, eigenes Werk / Wikipedia, CC BY 4.0)