Temperaturmessung in Pflanzen

TWA1 schützt Pflanzen vor Hitze

03.06.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Temperaturen steigen, die Erträge sinken. Was fehlt, sind Pflanzen, die auch mit heißen Sommern gut zurechtkommen. Könnte TWA1 dabei helfen? (Bildquelle: © Mabel Amber / Pixabay)

Die Temperaturen steigen, die Erträge sinken. Was fehlt, sind Pflanzen, die auch mit heißen Sommern gut zurechtkommen. Könnte TWA1 dabei helfen? (Bildquelle: © Mabel Amber / Pixabay)

Viele Pflanzen leiden unter Hitze und starten ein Schutzprogramm, um ihr Überleben zu sichern. Die Folge: sie wachsen langsamer, bilden weniger Blüten, der Ertrag sinkt. Um trotz Klimawandel weiterhin gute Ernten einzufahren, kann es notwendig sein, dieses Schutzprogramm zu verändern.

Das Klima hechtet derzeit von einem Negativrekord zum nächsten. 2023 war bisher das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung in Deutschland. Die anhaltende Hitze bringt nicht nur uns Menschen ins Schwitzen. Auch viele Nutzpflanzen auf unseren Feldern leiden darunter: Ihr Wachstum stagniert, die Blütenbildung schwächelt, die Erträge sinken. Vor allem, da Hitze oft gemeinsam mit Dürre auftritt, sind die Ertragseinbußen in heißen Sommern oft enorm.

Dabei besitzen Pflanzen ausgeklügelte Mechanismen, um sich an steigende Temperaturen anzupassen. Die als Hitzestress-Antwort (HSR) bekannte Reaktion wird von mehreren temperatursensitiven Proteinen ausgelöst. Dazu gehören Calcium-Kanäle, Transkriptions-Regulatoren und Lichtrezeptoren. Nur sind deren Funktion und Zusammenspiel bisher nicht ausreichend gut verstanden. Ein Team um den inzwischen emeritierten Professor Erwin Grill von der Technischen Universität München und Dr. Alexander Christmann hat sich das Netzwerk der Temperatursensoren genauer angeschaut und nach neuen Beteiligten gesucht.

Neuer Thermosensor TWA1

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Manche Pflanzen mögen es kalt, andere lieben die Hitze. Verantwortlich dafür sind unterschiedliche Temperatur-Sensor-Proteine.

Manche Pflanzen mögen es kalt, andere lieben die Hitze. Verantwortlich dafür sind unterschiedliche Temperatur-Sensor-Proteine.

Bildquelle: © Franz26 / Pixabay

Es war bereits bekannt, dass das Pflanzenhormon Abscisinsäure (ABA) eine wichtige Rolle bei der Thermoregulation spielt. Die Forschenden nutzten daher Keimlinge der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana), die aufgrund von Mutationen stark oder wenig empfindlich auf ABA reagierten. Diese Keimlinge setzten sie zunächst einer Temperatur von 38°C aus. Nach einer kurzen Erholungsphase bei niedrigerer Temperatur mussten die Pflanzen als nächstes sogar 45°C ertragen. Es zeigte sich, dass sowohl die ABA-überempfindlichen als auch die ABA-unempfindlichen Pflanzen schlechter mit diesem Hitzestress zurechtkamen als der Wildtyp. Verantwortlich dafür, so zeigten weitere Experimente, ist das Protein TWA1.

TWA1 ist ein Protein, das bei niedrigen Umgebungstemperaturen keine geordnete dreidimensionale Struktur ausbildet (intrinsically disordered protein, kurz IDP). Es wird in verschiedenen Geweben exprimiert – im Zellkern wie im Zellplasma. Bei hohen Temperaturen ändert TWA1 seine Konformation und interagiert mit JAM-Transkriptionsfaktoren und anderen Proteinen, um sogenannte Repressorkomplexe zu bilden, die die Genexpression beeinflussen. Damit ähnelt TWA1 dem Protein ELF3, das ebenfalls als Temperatursensor dient.

TWA1 aktiviert die Expression von Genen, die für Hitzeschutzproteine (HSPs) kodieren. Diese HSPs schützen die Zelle vor negativen Folgen von Hitzestress. Denn wie jeder weiß, der sich schon einmal ein Spiegelei gebraten hat: Bei Hitze denaturieren Proteine, sie verlieren also ihre korrekte Faltung. HSPs können das bis zu einem gewissen Grad verhindern, indem sie korrekt gefaltete Proteine stabilisieren, falsch gefaltete Proteine wieder in die richtige Konformation bringen oder neu gebildeten Proteinen bei der korrekten Faltung helfen. Außerdem unterstützen sie die Zelle bei Reparaturprozessen.

Verschiedene TWA1-Homologe mögen andere Temperaturen

Sowohl in einkeimblättrigen als auch in zweikeimblättrigen Pflanzen finden sich Homologe von TWA1. Diese haben jedoch nicht alle das gleiche Temperaturempfinden, sondern schlagen erst bei unterschiedlich hohen Temperaturen Alarm und setzten die Hitzeschutzreaktion in Gang. Das bedeutet auch, dass man Pflanzen vielleicht an immer heißere Umgebungstemperaturen anpassen könnte.

Dafür müsste man TWA1 gentechnisch so verändern, dass es erst bei einer höheren Temperatur die Hitzeschutzreaktion auslöst. Alternativ könnte man auch eine hitzetolerante Version von TWA1 in Wildsorten finden und in Elitesorten einkreuzen. Gelänge dies, so könnten vielleicht wichtige Nahrungspflanzen auch bei heißerem Klima noch stabile und hohe Erträge abliefern.


Quellen:

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Titelbild: Die Temperaturen steigen, die Erträge sinken. Was fehlt, sind Pflanzen, die auch mit heißen Sommern gut zurechtkommen. Könnte TWA1 dabei helfen? (Bildquelle: © Mabel Amber / Pixabay)